Artikel aus der Rheinischen Post (rp-online.de)

Monheim · Informationen speziell für ältere Monheimer, kompakt gebündelt und frisch gepresst? Nicht nötig, befanden Stadt und Peto-Ratsmehrheit im Januar. Doch, doch, sagten sich drei Monheimer im Alter von 23, 47 und 70. Und nahmen das Heft selbst in die Hand.

Dienstagmorgen in der Baumberger Rosen-Apotheke. „Ich hätte gerne die neue Monheimer Senioren-Broschüre. Man hat mir gesagt, die läge auch in Apotheken aus.“ – „Meinen Sie die hier“, fragt die Mitarbeiterin hinter dem Schalter und holt eine „Apotheken-Umschau“ hervor.

Vielleicht sollte Bürgermeister Daniel Zimmermann (41, Peto) ins Kabarettfach wechseln, Unterabteilung Hohn und Spott, denn genau diese Situation hat er im Januar quasi vorhergesehen. Im städtischen Sozialausschuss sagte er, es sei nicht Aufgabe der Stadtverwaltung, „eine Apotheken-Umschau auf lokaler Ebene“ herauszugeben.

Nicht Aufgabe der Stadt, doch nun gibt es diese Broschüre trotzdem. Man könnte dieses „trotzdem“ auch groß, fett und laut schreiben, denn der neue „Senioren-Kompass für Monheim am Rhein“ ist tatsächlich die Frucht einer Trotz-Reaktion. 2006, drei Jahre vor der Ära Zimmermann, gab es eine solche Broschüre zum letzten Mal, unter Federführung der Stadt. Damals saß ein CDU-Bürgermeister im Rathaus, und die CDU war es auch, die zuletzt einen Antrag stellte, das Kompendium aus dieser Zeit in aktualisierter Form neu herauszubringen.

Grüne und SPD trugen den Antrag im Januar mit, doch die Mehrheit im Sozialausschuss lehnte ab. Auch ohne eine solche Broschüre sei Monheim für ältere Menschen lebenswert, etwa dank vieler Einkaufsmöglichkeiten, begründete Zimmermann die Position von Peto und Verwaltung. Und dann sagte er noch: „Ich möchte das Stadt-Image nicht als besonders seniorenfreundlich positionieren. Unser Fokus liegt auf Familien mit Kindern.“

Wums! Manch einen machte das sprachlos. Hatte hier nicht gerade der erste Bürger der Stadt halb Monheim vor den Kopf gestoßen, ganz unsentimental und ohne ein Fünkchen Opportunismus? Die Resonanz war entsprechend, so auch in den Leserbriefspalten der RP. „Herr Zimmermann, Sie sollten sich schämen“, schrieb ein alter Monheimer, von anderen hieß es: „Fühle mich abgelehnt“, „Ausgegrenzt und diskriminiert“, „Senioren – ein Imageproblem?“.

Soweit die Vorgeschichte des neuen „Senioren-Kompasses“. Erstellt haben das 68 Seiten starke Heft im DIN A5-Format Lorenz Dombrowski (23) und Christian Steinacker (47), nicht zufällig Sozialdemokraten, der eine Ortsvereinsvorsitzender, der andere Landtagskandidat von 2021. Außer ihr Parteibuch verbindet die beiden Monheimer eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), eine kleine Firma für Dienstleistungen im Bereich Kommunikation und Medien, die sie nebenberuflich betreiben. Hauptberuflich ist der Jüngere in der Leverkusener Stadtverwaltung, der Ältere als Inklusionshelfer tätig.

Dass die „Dombrowski und Steinacker GbR“ als Herausgeber firmiert, merkt man der Broschüre parteipolitisch aber nicht an, jedenfalls nicht im redaktionellen Teil. „Den politischen Streit haben wir bewusst rausgelassen“, versichert Steinacker. Auf den buntbedruckten Seiten finden ältere Monheim vieles, was in dieser Altersgruppe wissenswert ist: Infos zu Pflege- und Wohnberatung, zu Seniorentreffs und Freizeitangeboten, Hausnotruf und Essen auf Rädern, Demenz und Gerontopsychiatrie, Testament und Hospizarbeit. Und, und, und.

Insgesamt 2500 Exemplare liegen laut Dombrowski im Stadtgebiet aus oder werden nach und nach verteilt. Gratis. Und wie finanziert sich das? „Durch Werbung. Den Rest hab ich beigebracht“, antwortet Helmut Heymann (70). Der frühere Chemie-Manager ist einer der einflussreichsten Baumberger in der Stadt und Dritter im Bunde der „Senioren-Kompass“-Macher. Heymann hat nach eigenen Worten Spenden beigetragen, aus eigener Tasche und etwa vom BAB, dem Baumberger Allgemeinen Bürgerverein, dessen Vorsitzender er ist, gefühlt seit der Jungsteinzeit. Heymann hält beim BAB-Neujahrsempfang regelmäßig so etwas wie eine Rede zur Monheimer Nation. Und da hat er bereits vor Jahren angemahnt, bei aller Jugendlichkeit von Stadtverwaltung, Peto und Co. die Alten nicht zu vergessen. „Das ist damals eingeschlagen wie eine Bombe“, sagt er. Und findet: „Internet und Faltblätter zu Einzelthemen sind schön und gut. Aber wir Senioren wollen was Gebündeltes haben.“

Die Reklame im Heft ist ebenfalls seniorengerecht: „Makler für die Generation 50+“, „Alltagsbegleiter mit Herz“, „Ohrfabrik“ und dergleichen. Auch Senioren-Union und SPD AG 60plus inserieren. „Peto30plus!“ dagegen nicht, jedenfalls noch nicht.

Die nächste Chance für die Alten-Organisation der Monheimer Jugendpartei wird sich 2024 ergeben. „Wir planen eine jährliche Neuauflage jeweils im Sommer“, sagt Steinacker. Mit wechselndem Schwerpunktthema (diesmal Zusatzrente durch Haus-Beleihung/Verkauf), mehr Umfang und zunehmender Bekanntheit. Eine Verwechslung mit der Apotheken-Umschau soll es dann nicht mehr geben.